Tagung: Die Osmanen vor Wien. Der Meldeman-Plan von 1529/1530: Sensation, Propaganda und Stadtbild
27. bis 29. März 2019, Wien Museum (27.), Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs (28./29.)
Am 27. März 2019 fand im Wien Museum Karlsplatz vor rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörern der Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Christoph K. Neumann (Ludwig-Maximilians-Universität, München) zum Thema “Wie wichtig war Wien? Versuch einer Einordnung der Belagerung von 1529 in die Osmanische Geschichte” statt.
Auch an den beiden folgenden Tagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv war die vom Vorstandsmitglied Univ.-Prof. Dr. Martin Scheutz und dem ehemaligen Direktor des Wiener Stadt- und Landesarchivs ao. Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Opll organisierte und abwechslungsreich gestaltete Tagung mit jeweils rund 60 Zuhörerinnen und Zuhörern sehr gut besucht.
Der Meldeman-Plan von 1530, der die erste Belagerung der Residenzstadt durch die Osmanen darstellt, versteht sich als eines der Spitzenstücke des Wien Museums.
Dieser in Nürnberg vom armen Briefmaler Niclas Meldeman (um 1490–1552) gedruckte Riesenholzschnitt besteht aus sechs zusammengeklebten Holzschnitten.
Seit 1927 befindet sich diese Rundsicht im Besitz des Wien Museums. Insgesamt existieren nur mehr drei vollständige Exemplare, nur das Exemplar des Wien Museums ist wohl schon zeitgenössisch koloriert worden.
Die Tagung im Wiener Stadt- und Landesarchiv stellte den Plan in den Mittelpunkt des Interesses so verschiedener Disziplinen wie etwa der Osmanistik, der Kunstgeschichte, der Archäologie, der Umweltgeschichte und der Stadtgeschichte.
Der unbekannte Maler, der die Vorzeichnung während der Belagerung von der Spitze des Stephansturmes aus erstellte, muss genaue Kenntnisse der Stadt gehabt habe, er kannte aber wohl auch den 1421 erstellten Albertinischen Plan. Der Nürnberger Meldeman reiste nach dem Ende der Belagerung Mitte Oktober 1529 nach Wien, erwarb die Vorzeichnung und nahm sicherlich auch die ersten gedruckten Berichte der Belagerung, darunter den Text des lateinischen Kriegssekretärs Peter Stern von Labach, ins wichtige süddeutsche Druckzentrum Nürnberg mit.
In den ersten vier Monaten des Jahres 1530 entstand in der Folge eine gedruckte Rundsicht der Stadt Wien, die zu den wichtigsten bildlichen Quellen der Donaustadt im 16. Jahrhundert zählt.
Die Rundsicht ist in drei verschiedene Kreisdarstellungen unterteilt: Neben dem inneren, von Wiener Kirchen bestimmten Ring steht ein zweiter Ring, der schematisch die im Kern mittelalterliche Befestigung Wien und die Kämpfe um das Kärntner Tor darstellt. Ein dritter Ring zeigt nicht nur das Lager der Osmanen vor Wien, sondern auch die Taten der „Renner und Brenner“ rund um Wien.
Der Meldeman-Plan lässt sich aber nicht nur als mehr oder minder realistische Darstellung einer belagerten Stadt interpretieren, sondern kann wohl auch in eine heilsgeschichtliche Bildtradition – nach Art der mittelalterlichen Weltkarten – eingeordnet werden.
Die Ergebnisse der Tagung werden in einer der Publikationsreihe des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 2020 erscheinen.
(Bericht: Martin Scheutz, Fotos: Susanne Claudine Pils)