Vortrag: Hans Fischböck – Ein ökonomischer Karrierist mit ideologischem Netzwerk
Vortragende: Mag.a Jutta Fuchshuber (Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte)
Moderation: Direktorin Dr.in Brigitte Rigele
20. Oktober 2022, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Online-Raum
Am 20. Oktober 2022 beschäftigte sich Mag.a Jutta Fuchshuber im Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie im Online-Raum mit dem Wiener Nationalsozialisten Dr. Hans Fischböck, besonders mit seiner Odyssee zwischen Argentinien und Europa in den Jahren 1945 bis zu seinem Tod 1967.
Der 1895 geborene Jurist war in der Ersten Republik in führenden Positionen im Bank- und Versicherungswesen tätig und hatte bereits ab 1920 Kontakt zur deutschnationalen und nationalsozialistischen Bewegung. 1937 wurde er Mitglied der NSDAP und nach dem 12. März 1938 kurzfristig Handels- und Finanzminister. Er war maßgeblich an der Enteignung jüdischer Vermögenswerte zuerst in Österreich und dann in den Niederlanden als Generalkommissar für Finanzen und Wirtschaft beteiligt. Bis 1945 bekleidete er in Berlin hohe wirtschaftspolitische Posten.
Nach dem Zusammenbruch des NS-Staates tauchte er unter einem falschen Namen bis 1950 in München unter und wurde 1951 vom Volksgerichtshof in Abwesenheit als Kriegsverbrecher mit dem Vermögensentzug bestraft. Frau Mag.a Fuchshuber gelang es gemeinsam mit MMag. Andreas Schrabauer seinen weiteren Weg teils aufgrund von Dokumenten des niederländischen Rijksinstituuts voor Oorlogsdocumentatie und aus dem Nachlass, den ihr Fischböcks Familie zur Verfügung gestellt hatte, nachzuverfolgen. So kam er 1951 mit einem Roten-Kreuz-Pass unter dem Namen Jakob Schramm nach Argentinien, wo er unter anderem durch Kontakt mit seinen alten Seilschaften für die Firma „Aspersion, Nicolussi & Cia“ des ehemaligen Waffen-SS-Mitglieds Nicolussi-Leck arbeiten konnte, dessen enger Geschäftspartner der ehemalige SS-Hauptsturmführer und Fluchthelfer Juan Peróns Horst Carlos Fuldner war.
Da ihm 1951 ein österreichischer Reisepass verweigert wurde, nahm er 1958 die argentinische Staatsbürgerschaft an und war wiederholt in Deutschland und Österreich. 1965 begann Simon Wiesenthal mit Nachforschungen gegen Fischböck, der damals in Essen lebte. Es kam zu einem Interview mit dem niederländischen Journalisten Jules Huf, welcher von Simon Wiesenthal mit der Bitte um Geheimhaltung über Fischböcks Ausforschung informiert wurde. Dabei fiel der Satz: „Mein Ziel ist es immer gewesen, alle Maßnahmen im Zuge der Judenpolitik gesetzlich zu verankern“. Das Interview wurde in vielen Zeitungen veröffentlicht. Als wieder die Gefahr eines Strafverfahrens auftauchte, flüchtete Fischböck 1966 nach Mallorca, kehrte ab er immer wieder nach Deutschland zurück, wo er 1967 in Marburg an der Lahn starb. Dadurch gelang es ihm, sich bis zu seinem Tod einer Anklage zu entziehen und sich nie für seine Taten verantworten zu müssen.
Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann auf unserem Youtube-Kanal angesehen werden: Vortrag: Hans Fischböck – Ein ökonomischer Karrierist mit ideologischem Netzwerk
Bericht und Fotos (Referentin): Alfred Paleczny
Zur Person
Mag.a Jutta Fuchshuber studierte Geschichte an der Universität Wien; Diplomarbeit (gemeinsam mit Christina Felzmann): „Unter Zwang enteignet. »Arisierungen« und »Liquidierungen« von Handelsunternehmen in Österreich von 1938 bis 1945“; neben Kurator:innen- und Projekttätigkeiten war sie 2014–2017 zudem Mitarbeiterin in der Abteilung für Restitutionsangelegenheiten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Kunstrestitution; 2013-2019 Vorstandsmitglied des Vereins GEDENKDIENST. Verein für historischpolitische Bildung und internationalen Dialog; 2018 war sie Prae Doc / Universitätsassistentin am Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien, im Arbeitsbereich von Univ.-Prof. Mag. DDr. Oliver Rathkolb
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