Exkursion: Vom Kaiser für die Öffentlichkeit: 200 Jahre Wiener Volksgarten
Führung: Dr. Christian Hlavac (Galatour)
22. April 2023, 14:00, 1., Universitätsring 2, Vor dem Haupteingang des Burgtheaters
Bei herrlichen Frühlingswetter führte der Spezialist für historische Gärten, Dr. Christian Hlavac rund 25 Vereinsmitglieder durch den unter Denkmalschutz stehenden Wiener Volksgarten, der am 1. Mai 2023 sein 200-jähriges Bestehen feiert.
Christian Hlavac erläuterte dabei die in drei Ausbaustufen verlaufenden Geschichte des Volksgartens, der die erste Grünfläche Wiens ist, die explizit für die Öffentlichkeit neu errichtet wurde. Nachdem einige Gebäude (Böhmische Hofkanzlei, Hofstallgebäude) beim Bombardement der Stadt am 11. Mai 1809 durch die Franzosen beschädigt worden waren, sprengten diese vor ihrem Abmarsch aus Wien die massive Burgbastei.
Da ein Wiederaufbau als militärisch sinnlos erachtet wurde, gestaltete man das riesige Areal vor der Hofburg neu. Vor der Hauptfront der Hofburg zu den Vorstädten, also dem Schweizerhof und dem Leopoldinischen Trakt, wurde ein großer Platz angelegt, der später sogenannte Heldenplatz. Er wurde durch zwei Gartenanlagen flankiert, den Burggarten und den Volksgarten.
Die drei Bereiche wurden 1817 bis 1821 durch die Hornwerkskurtine vom Glacis sowie durch Erdwälle (Escarpe) die beiden Gärten vom Platz auch abgetrennt. Die Erdarbeite nahmen die Truppen des Fortificationscorps unter der Oberleitung von Erzherzog Johann als Chef der “Geniedirektion” vor. Der Volksgarten wurde 1821 bis 1823 angelegt und am 1. Mai 1823 feierlich eröffnet. Er wurde nicht als Landschaftsgarten, sondern in regelmäßigen Formen gepflanzt. Grund dafür war, dass man durch einsehbare Sichtachsen “Unsittlichkeiten” verhindern wollte.
Auch auf den von Peter Nobile im Zentrum des Gartens errichteten Theseustempel, dessen Theseusgruppe von Antonio Canova für Napoleon gestaltet worden war, ging Christian Hlavac ein und wies auch darauf hin, dass sich unter dem Theseustempel in den Anfangsjahren ein Ausstellungsraum befand, der heute nicht mehr zugänglich ist, sondern als Sesseldepot dient.
1820 bis 1822 entstand in einer Ecke für Peter Corti ein Sommerkaffeehaus, das so genannte Zweite Cortische Kaffeehaus. Das benachbarte Paradeisgartel wurde umgebaut, auf der Löwelbastei hin verlegt und mit dem Volksgarten über eine Rampe verbunden.
Der Volksgarten wurde durch die Schleifung der Wälle vergrößert. 1863 machte die Hornwerkskurtine dem großen Gartenparterre zur Ringstraße hin Platz, wobei die massiven Eisengitter das gesamte Hofburgareal von der Ringstraße abgrenzten. Sie wurden von der Fürst Salm’schen Eisengießerei im mährischen Blansko (Blanz) hergestellt und teilweise vergoldet.
1872 wich die restliche Befestigung dem Gartenteil zur Löwelstraße. Hier war zunächst geplant, eine Häuserfront zu errichten zu errichten, was durch Bürgermeister Cajetan Felder verhindert wurde. Daher wurde der Gartenteil erst 1883 gestaltet.
Bericht: Susanne Claudine Pils (siehe auch im Wien Geschichte Wiki)
Abbildung: Volksgarten Wien (Foto: Christian Hlavac)
Zur Person
Dr. Christian Hlavac, geboren 1972 in Wien. Studium der Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur Wien und der Architektur an der Technischen Universität Wien. Arbeitet als Landschafts- und Gartenhistoriker, Publizist und Lektor.
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