Vortrag: Der Preis des Sieges: historische und archäologische Aspekte zur Schlacht von Aspern
Vortragende: Dr. Ilya Berkovich (Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraums, Österreichische Akademie der Wissenschaften), Mag. Martin Penz (Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie)
Moderation: Paul Mitchell, BA
23. November 2023, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Online-Raum
Am 23. November 2023 widmeten sich unter der Moderation des neuen Vorstandsmitglieds des Vereins für Geschichte der Stadt Wien Paul Mitchell, BA, Dr. Ilya Berkovich und Mag. Martin Penz den Soldaten der Schlacht bei Aspern und Essling am 21. und 22. Mai 1809.
Paul Mitchell berichtete, dass das Scheitern bei Aspern die erste bedeutende Niederlage Napoleons war und viel dazu beitrug, seinen Ruf als „unbesiegbarer Feldherr“ zu verlieren. Die Schlacht wurde auf dem Gebiet des heutigen 22. Wiener Gemeindebezirkes Donaustadt ausgetragen, wo in den letzten Jahren im Zuge der Errichtung der Seestadt Aspern vermehrt wieder Hinterlassenschaften der heftigen Kämpfe bei archäologischen Untersuchungen in verstreuten Gräbern von gefallenen Soldaten und Schlachtrössern entdeckt wurden.
Mag. Penz stellte vorerst die Disziplin der Schlachtfeld- und Konfliktarchäologie vor, zu der auch unterschiedliche Nachbarwissenschaften sowie moderne technische Methoden wertvolle Beiträge leisten, was er durch einige Gräberfunde aus dem Altertum in der Umgebung Wiens bewies.
Im Museum Aspern-Essling 1809 werden bereits Grabungsfunde vor allem aus den Zeiten des Baus des Flugfeldes und des Opel/GM Werkes ausgestellt, die nun durch Funde aus dem Gebiet der Seestadt ergänzt werden. Mag. Penz zeigte, dass die dortigen Funde durch Ackerarbeiten und Erosion bereits schwer beeinträchtigt sind, aber in zwölf neuen Gräbern beziehungsweise Verlochungen 110 Soldaten und 21 Pferde der damals rund 7.000 Gefallenen in Massen- und Einzelgräbern gefunden wurden. Die Zuordnung der Soldaten zu den beiden Armeen sind nur durch die Uniformknöpfe und eine breite Palette an Kleinfunden möglich, wobei auch persönliche Hinterlassenschaften entdeckt wurden. Die Schlachtfeldarchäologie kann so die Funde mit den Armeeformationen und dem Schlachtverlauf vergleichen und neue Erkenntnisse zu den Kämpfen gewinnen. Das ist in noch besserem Ausmaß bei Funden nach der zweiten Schlacht bei Deutsch-Wagram möglich.
Dr. Berkovich zeigte anhand von Unterlagen des Kriegsarchivs, dass es heute noch möglich ist, Soldatenschicksale von der Rekrutierung bis zum Abrüsten beziehungsweise dem Tod nach einer Schlacht nachzuvollziehen. Er erläuterte dies bei einigen Beispielen von Soldaten von Regimentern aus Böhmen und Niederösterreich, wo damals zwischen 20 und 33 Prozent aller Männern Kriegsdienst leisten mussten. Von den toten Soldaten in Aspern starben nur 10 Prozent auf dem Schlachtfeld, 20 Prozent in den 2 bis 3 Tagen nach der Schlacht, aber 70 Prozent in den Spitälern beziehungsweise Lazaretten vor allem durch die Typhusepidemie im darauffolgenden Winter.
Die Schlacht bei Aspern wurde in Österreich lange Zeit als heldenhafter Sieg erinnert und gefeiert. Der Vortrag ergänzte diese Überlieferung um eine „Perspektive von unten“, indem die beiden Referenten versuchten, die Lebensumstände des „gemeinen Soldaten“ auf einem napoleonischen Schlachtfeld zu erfassen und besser zu verstehen.
Zur Person
Dr. Ilya Berkovich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für die Erforschung der Habsburgermonarchie und des Balkanraums der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er arbeitet an einer neuen Geschichte der österreichischen Armee während der Napoleonischen Kriege. Außer seinem Interesse an Militärgeschichte hat er einen weiteren Forschungsschwerpunkt in der Geschichte und Archäologie des Mittelalters.
Mag. Martin Penz und ist Mitarbeiter bei den Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie, wo er hauptsächlich mit Grabungsleitungen und wissenschaftlichen Projekten (Schwerpunkt Ur- und Frühgeschichte des Wiener Raumes) betraut ist. Aus der langjährigen archäologischen Begleitung von Baumaßnahmen in der Seestadt Aspern ergab sich auch die weitergehende Beschäftigung mit napoleonischen Schlachtfeldbefunden.
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