Buchpräsentation und Vortrag: Jenseits von Soliman. Afrikanische Migration und Communitybuilding in Österreich – eine Geschichte
Veranstaltung in Kooperation mit Angelo Soliman Black Achievement Month und der Radioreihe "fresh Vibes auf Radio Orange"
Vortragende: Univ.-Prof. Dr. Walter Sauer (Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte), Mag.a Vanessa Spanbauer (Freie Journalistin, Wien)
Moderation: Univ.-Doz. Dr. Andreas Weigl
1. Dezember 2022, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Online-Raum
Am 1. Dezember 2022 fand im Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie im Online-Raum die Präsentation des Bandes Nr. 63 der Forschungen und Beiträge zur Wiener Landesgeschichte „Jenseits von Soliman“ in Kooperation mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv, dem Angelo Soliman Black Achievement Month, dem SADOCC und der Radioreihe „fresh Vibes auf Radio Orange“ statt. Frau Dr.in Brigitte Rigele konnte als Direktorin des Wiener Stadt- und Landesarchivs deshalb viele Gäste begrüßen und es gab wegen dieses Themas auch einen für Veranstaltungen des Vereines ungewohnt starken Gegenwartsbezug.
In einem einleitenden Statement stellte die LAbg. und GRin Dr.in Mireille Ngosso fest, dass die Geschichte Afrikas im österreichischen Schulunterricht kaum Beachtung fände und wenn, dann nur mit stereotypen Missverständnissen und falschen Bildern. Sie begrüßte deshalb die Initiative, den langen Bezug der afroösterreichischen Communities zu unserem Land historisch aufzuarbeiten.
Diese Communities haben spätestens mit den #Blacklivesmatter!-Demonstrationen von 2020 ihre politischen Aktivitäten verstärkt und mehr Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Sie entstanden primär aus Studien- und Asylmigration und bilden heute eine lebendige, kulturell differenzierte und sozial heterogene Szene. Trotz Gleichheitsgebot in der Verfassung und erkämpften politischen Rechten sind Schwarze Menschen jedoch weiterhin mit Rassismus auf individueller, institutioneller und struktureller Ebene konfrontiert.
Buchautor Univ.-Prof. Dr. Walter Sauer vom Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte präsentierte einige „Blitzlichter“ aus der fast 2000-jährigen Präsenz von Afrikaner:innen auf österreichischem Gebiet und hat die spärlichen historischen Quellen ausgewertet.
Er begann mit der Anwesenheit der maurischen Reiter als Teil des römischen Heeres in Noricum und Pannonien, verwies auf den „Mohrenkönig“ auf der Tafel des ehemaligen Hochaltars der Wiener Schottenkirche, auf die sieben Geistlichen aus Äthiopien im Jahr 1517 im Stift Melk und die zahlreichen schwarzen Diener der Kaiser und Hocharistokratie im 18. Jahrhundert. Seither nahm aber die Akzeptanz der Afrikaner:innen in Österreich trotz der Aufklärung stark ab, was er vor allem auf den Sklavenhandel und die Diskreditierung der schwarzen Menschen zurückführte. Im 20. Jahrhundert gab es einschneidende Entwicklungen durch den Einsatz afrikanischer Soldaten bei den französischen und amerikanischen Truppen im Ersten und Zweiten Weltkrieg und die erstmals legitimierten Rassengesetze des „Dritten Reiches“. Erst nach 1950 konnte in Wien wieder eine afrikanische Diaspora entstehen, die aber mit den zuvor erwähnten starken Vorurteilen kämpfen musste.
Anschließend beschäftigte sich die Ko-Autorin des Buches Mag.a Vanessa Spanbauer mit der Zweiten Generation afrikanischer Einwanderer:innen in Österreich, die sie sehr weit definierte. In ihrem Buchbetrag zeigte sie die Chancen und Probleme dieser Menschen, die schwierige Bildung von Vereinen in dieser Diaspora sowie ihre sportlichen und kulturellen Leistungen für ihre neue Heimat.
In der Diskussion wurde vor allem über die aktuellen afroösterreichischen Vereine und ihre derzeitige Lage in Österreich diskutiert.
Das Buch, das den bisher umfassendsten Überblick über die Geschichte afrikanischer Zuwanderung nach Wien beziehungsweise Österreich bietet, ist jedenfalls ein Standardwerk, auf dem jüngere Historiker:innen aufbauen werden.
Rezensionen zum Buch
Rezension Presse am Sonntag Jenseits von Soliman_20221218
Von “Mohren” zu PoC: Geschichte afrikanischer Zuwanderung nach Wien, in: Kurier, 12. Jänner 2023
Vortrag auf Youtube
Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann auf unserem Youtube-Kanal angesehen werden: Buchpräsentation und Vortrag: Jenseits von Soliman. Afrikanische Migration und Communitybuilding in Österreich – eine Geschichte
Bericht und Fotos: Alfred Paleczny
Zur Person
Dr.in Mireille Ngosso ist Gemeinderätin und Ärztin in Wien.
Univ.-Prof. Dr. Walter Sauer ist Historiker am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien mit Schwerpunkt Geschichte Afrikas, Habsburgermonarchie und Kolonialismus sowie Afrikabeziehungen Österreichs. 2022/23 Mitglied des Expertengremiums betr. einen zeitgemäßen Umgang mit musealen Objekten aus kolonialem Erwerbskontext.
Mag.a Vanessa Spanbauer ist Historikerin und Journalistin in Wien.
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