Festvortrag: B. Fischer von Erlach, Wien und das Haus Habsburg: Neue Einsichten in ein altes Thema
Vortragende: Univ.-Doz. Dr. Herbert Karner, Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko (beide Österreichische Akademie der Wissenschaften)
23. März 2023, 19:00, Festsaal des Wiener Rathauses (Zugang über 1., Lichtenfelsgasse 2, Feststiege I und II bzw. Stiege 8 (Lift), 1. Stock)
Im Anschluss an die Vollversammlung des Vereins für Geschichte der Stadt Wien beschäftigten sich Univ.-Doz. Dr. Herbert Karner und Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko, beide von der Österreichische Akademie der Wissenschaften, am 23. März 2023 im Festsaal des Wiener Rathauses mit Bernhard Fischer von Erlach (1656-1723). In einem im Oktober 2022 im Hirmer Verlag München erschienenen hochwertig bebilderten Sammelband mit dem Titel Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) und die Baukunst des europäischen Barock wurde eine Neubewertung des umfangreichen Œuvres des berühmten Baumeisters, Medailleurs, Bildhauers und Entwerfers ephemerer Werke versucht.
Dr. Karner und Dr. Telesko zeigten, dass er einer der bedeutendsten Barockarchitekten Mitteleuropas war und sein Name mit keiner anderen Stadt so eng verknüpft ist wie mit Wien: Bauten wie die Karlskirche oder das Schloss Schönbrunn tragen bis heute zum Ruhm der Donaumetropole bei; aber auch in Salzburg, Prag und Mähren schuf der Architekt wegweisende Bauten wie die Kollegienkirche, das Palais Clam-Gallas oder die Stallungen in Schloss Lednice/Eisgrub.
Die beiden Vortragenden nahmen diese Publikation zum Anlass, die Rezeptionsgeschichte seines Werkes zu beleuchten, die nicht unwesentlich auch von Fischers selbst produzierter Druckgraphik gesteuert wurde. Beleuchtet wurde aber auch die synergetische Beziehung des Architekten zum Haus Habsburg. Als dessen Hofarchitekt verstand es Fischer, in dauerhafter wie ephemerer Architektur ein Formenvokabular zu entwickeln, das untrennbar mit den Ansprüchen und dem Repräsentationsbedürfnis der Dynastie verbunden ist. Zuletzt wurde auch noch die Positionierung Fischers im europäischen Netzwerk der Hofarchitekten thematisiert, die gerade auch in den Jahrzehnten um und nach 1700 eine wichtige Rolle spielten.
Sie beschäftigten sich deshalb bei ihrem Vortrag auch mit den zahlreichen Publikationen, die in den ersten 1730 Jahren die kaiserliche Baupolitik in Wien, die sehr stark von Fischer von Erlach geprägt war, dokumentierten und erwähnten vor allem die berühmten Stiche von Salomon Kleiner und den Albrechtskodex.
Schließlich wurden als praktische Beispiele seiner Werke ausführlich die vier Triumphpforten beschrieben, die zur Vermählung und einige Jahre später zum Einzug seines Sohnes Josef (später des I.) nach seiner Wahl zum römisch deutschen König in Wien errichtet wurden. Bei diesem Einzug wurden auf der Wollzeile, am Stock im Eisen Platz und am Kohlmarkt drei mehr als 10 m hohe Pforten wahrscheinlich aus Holz mit bemalten Leinwälden von der Universität, der Stadt Wien und von Wirtschaftsgruppen in Auftrag gegeben. Sie verherrlichten die kaiserliche Familie und nahmen Bezug auf die Türken- und Franzosenkriege und waren als Gesamtkonzept geplant. Im dritten Bogen findet man bereits einige Elemente, die Fischer beim Bau der Karlskirche wiederverwendete.
Vortrag auf Youtube
Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann auf unserem Youtube-Kanal angesehen werden: Festvortrag: B. Fischer von Erlach, Wien und das Haus Habsburg: Neue Einsichten in ein altes Thema
Bericht und Foto (Vortragende): Alfred Paleczny
Zur Person
Univ.-Doz. Mag. Dr. Herbert Karner, Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien, Habilitation 2012. Mehrjährige Forschungsarbeit und Publikation mit Richard Bösel “Italienische Jesuitenarchitektur in der Mailändischen Ordensprovinz 1540–1773” (2007). Herausgeber des zweiten Bandes zur “Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg” (Wien 2014). 2010–2015 Leitende Mitarbeit bei “Palatium. Court Residences as Places of exchange in late medieval and early modern Europe”.
Univ.-Doz. Dr. Werner Telesko, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Klassische Archäologie an der Universität Wien; wissenschaftliche Tätigkeit am Österreichischen Historischen Institut in Rom (1988–1990) und in den Kunstsammlungen des Benediktinerstifts Göttweig (1990–1993); seit 1993 an der ÖAW. Habilitation 2000, Lehrtätigkeit an den Universitäten Wien, Graz und Linz (Katholisch-Theologische Privatuniversität).
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