Festvortrag: Die Katze im Fenster. Realität auf Wiener Stadtansichten des 15. Jahrhunderts
Vortragender: Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Opll (Perchtoldsdorf)
Moderation: Dr. Christoph Sonnlechner, MAS
14. März 2024, 19:00, Volkshalle des Wiener Rathauses (Zugang über 1., Lichtenfelsgasse 2)
Am 14. März 2024 referierte Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Opll im Anschluss an die Vollversammlung des Vereins für Geschichte der Stadt Wien in seinem Festvortrag mit großer Fachkenntnis über die Realität auf Wiener Stadtansichten des 15. Jahrhunderts.
Er erläuterte dabei, dass sich aus dem 15. Jahrhundert für Wien eine große Zahl von Stadtansichten im Rahmen religiöser Werke erhalten hat, wobei Buch-, Wand- und Tafelmalereien vorkommen. Sie sind von einem Bemühen getragen, dass der englische Kunsthistoriker Michael Baxandall mit dem Bemühen um Einbindung heilsgeschichtlicher Szenen in die Lebenswirklichkeit verbunden gesehen hat. Die Überlieferungen setzen – auch im internationalen Vergleich – äußerst früh ein, reichen von Tafeln des Albrechtsaltars über Fresken und Buchmalereien aus der Zeit um 1460 sowie den 1480er Jahren bis hin zu den beiden Altarretabeln im Wiener Schottenkloster und in der Margarethenkirche im siebenbürgischen Mediasch/Mediaş. Den zeitlichen Abschluss markieren zwei Arbeiten, die den ausschließlich religiösen Kontext verlassen, der Babenbergerstammbaum (1489/1492) und die Schedel’sche Weltchronik (1493).
Univ.-Prof. Dr. Opll konnte zeigen, dass auf diesen Werken die topographische Realität zwar nicht in Form einer 1:1-Wiedergabe gegeben ist, sehr wohl aber als Bündel realistischer Details. Dies ist zwar der Forschung seit langem bekannt und auch für Kreise einer interessierten Öffentlichkeit nicht unbedingt neu. Wie weit dieses Bemühen freilich geht, haben erst Bildanalysen der letzten Jahrzehnte klarer gezeigt. Eine wichtige Rolle spielen dabei – wie Opll an Beispielen illustrierte – die digitalen Möglichkeiten eines zoomenden Einblicks in Details, die es ermöglicht haben, nicht nur die bekannten baulichen Eyecatcher der Epoche, sondern auch bislang anonyme Gebäude, ja sogar eine „Katze im Fenster“ als Teil der Lebensrealität Wiens im späten Mittelalter zu sehen.
Bericht: Susanne Claudine Pils
Fotos: Alfred Paleczny
Zur Person
Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Opll, 1974 Dr. phil. (Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte in Wien), 1977–2010 Archivar am Wiener Stadt- und Landesarchiv, 1989–2010 dessen Leiter. 1985 Habilitation (mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften) Universität Wien. – Zahlreiche Publikationen zur mittelalterlichen Geschichte, vergleichenden Städtegeschichte, Wiener Stadtgeschichte, Kartographie-, Kunst- und Kulturgeschichte.
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