Führung: Zentralfriedhof – Israelitische Abteilung (Tor 1)
Führung: Dipl.-Ing. Georg Gaugusch (Heraldisch-Genealogische Gesellschaft Adler)
9. September 2021, 16:00, 11., Simmeringer Hauptstraße 234, 1. Tor, Eingang
Am 9. September 2021 führte Dipl. Ing. Georg Gaugusch mehr als 30 Mitglieder des Vereins zwei Stunden lang durch die Begräbnisstätte der orthodoxer Juden (Alter Israelitischer Friedhof beziehungsweise Israelitische Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs) beim Tor 1 des Wiener Zentralfriedhofs.
Dieser Friedhof diente bereits ab 1876 als gemeinsame Ruhestätte für Verstorbene aller Konfessionen, die neue israelitische Abteilung beim Tor 4 wurde 1917 eröffnet. Beim Tor 1 fanden rund 100.000 Jüdinnen und Juden ihre letzte Ruhestätte. Von der im Novemberpogrom 1938 niedergebrannten Zeremonienhalle sind nur Ruinen erhalten, die 1978 geschleift wurden. Auch viele Gräber wurden in der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch durch Bomben und antisemitische Aktionen, die bis in die Gegenwart reichen, zerstört. Während der NS-Zeit war der Friedhof zudem der einzige “Park”, in dem sich Juden aufhalten durften.
Dipl.-Ing. Gaugusch führte nicht nur durch den Hauptweg, die Zeremonienallee, sondern auch durch viele Nebenwege, wo sich die Gräber der ärmeren Juden, die in drei Klassen eingeteilt werden, befanden. Für die wohlhabenden Juden war ein repräsentatives Grabdenkmal eine Selbstverständlichkeit, weswegen man dort viele imposante Grabsteine und Gruftanlagen finden kann. Im Gegensatz zum katholischen Teil dürfen jüdische Gräber nicht aufgelassen werden. Der Führer bewies aber auch seine exzellenten Kenntnisse über das jüdische Großbürgertum und die Gesellschaft des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, so dass er bei zahlreichen Gräbern Lebensläufe und Anekdoten erzählen konnte und den Mitgliedern des Vereins einen sehr unterhaltsamen Nachmittag schenkte.
Der Friedhof wird seit 1987 saniert und Dipl.-Ing. Gaugusch ist auch daran beteiligt, ein Verzeichnis der Gräber und der dort Begrabenen anzulegen. Seit 2008 werden zahlreichen Gräber von der Stadt Wien (Magistratsabteilung 7 – Kultur), die von der Israelitischen Kultusgemeinde ausgewählt werden, renoviert.
Zur Person
Dipl.-Ing. Georg Gaugusch, Studium der Chemie an der TU Wien, Geschäftsführer des Kleidermachers und Manufakturwarenhändlers Wilhelm Jungmann & Neffe in Wien; Vorstandsmitglied und Mitarbeiter der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft ADLER in Wien. Forschungen zum jüdischen Großbürgertum Mitteleuropas im 19. und frühen 20. Jahrhundert und zur Genealogie der rund 500 jüdischen Familien in diesem Raum. Zahlreiche Publikationen: Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. A–K (2011) und Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800-1938. L-R (2016).
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