Führung durch den St. Marxer Friedhof
SR i.R. Dr. Helmut Kretschmer
3. November 2012, St. Marxer Friedhof
Am Samstag, d. 3. November 2012, leitete der Vizepräsident des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, SR i.R. Dr. Helmut Kretschmer, eine Führung am St. Marxer Friedhof. Der letzte auf Wiener Boden erhalten gebliebene Biedermeierfriedhof ist die letzte Ruhestätte von W. A. Mozart. Der St. Marxer Friedhof war, gemeinsam mit dem Matzleinsdorfer-, Hundsturmer-, Schmelzer- und Währinger- Friedhof, einer der fünf alten Kommunalfriedhöfe, deren Anlage in die Achtzigerjahre des 18. Jahrhunderts fiel. Der im heutigen dritten Gemeindebezirk liegende Friedhof wurde von 1784 bis 1874 belegt.
Zu Beginn wies Dr. Kretschmer kurz auf wichtige in der Regierungszeit von Kaiser Joseph II. erfolgte Reformen hin, die das Friedhofs- und Bestattungswesen der damaligen Zeit prägten. Auf dem Rundgang durch den aufgelassenen Friedhof stand naturgemäß das Mozart-Grab im Mittelpunkt. Aber auch die Gräber anderer hier beerdigter Persönlichkeiten – etliche dieser Toten ruhen heute in Ehrengräbern auf dem Wiener Zentralfriedhof – wurden aufgesucht, so etwa das Grab der Sängerin Anna Gottlieb (Mozarts erste „Pamina“ in seiner „Zauberflöte“), das der Forschungsreisenden Ida Pfeiffer, die letzten Ruhestätten des griechischen Freiheitshelden Fürst Ypsilanti und des Prateretablissementbesitzers Basilio Calafati, das Grab des Erfinders der Nähmaschine, Josef Madersperger, oder jenes des Komponisten Josef Strauß, Bruder des „Walzerkönig“ Johann Strauß (Sohn) Ein Rundgang durch diesen ehemaligen Kommunalfriedhof zeigt dem Besucher auch in idealer Weise die Entwicklung der Grabarchitektur vom Klassizismus zum Historismus.
Sowohl die im Zusammenhang mit Mozarts Begräbnis entstandene Bestattungslegende als auch die romantische Gesellschaftskritik der „unwürdigen“ Beerdigung gilt heute als widerlegt. Mozarts Begräbnis, seine Beerdigung in einem Schachtgrab, vollzog sich nach den vom Aufklärungsgeist bestimmten josephinischen Vorschriften. Kretschmer wies beim Mozart-Grab darauf hin, dass wir uns heute – vor dem Mozartgrab stehend – nur an der ungefähren Begräbnisstätte Mozarts befinden. Die exakte Stelle, wo Mozarts Leichnam begraben wurde, ließ sich im Rahmen der 1855 seitens des Wiener Magistrats eingeleiteten Erhebungen nicht mehr exakt eruieren. Allzu lange hatte die Familie, aber später auch die Öffentlichkeit zugewartet, um die genaue Stelle innerhalb des Schachtgrabbereiches, an der der Komponist beerdigt wurde, lokalisieren zu können.
Erst spät – rund 100 Jahre nach Mozarts Geburt – ließ man hier in St. Marx ein monumentales Grabdenkmal (von Hans Gasser) an der ungefähren Begräbnisstätte errichten, das später auf den Wiener Zentralfriedhof transferiert wurde und seit damals im dortigen Ehrengräberhain für Verwirrung und Missverständnisse bei Touristen sorgt!
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