Vortrag: Der Luftschutz in „Groß-Wien“
Veranstaltung zum Themenschwerpunkt "Groß-Wien im Krieg" im Wien Geschichte Wiki
Vortragender: Dr. Marcello La Speranza (Museum "Erinnern im Inneren" im Haus des Meeres)
Moderation: Dr.in Brigitte Rigele
30. Jänner 2020, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs (Gasometer D, 4. Archivgeschoss, 11., Guglgasse 14; Zugang über Gasometer A und die Mall)
Am 30. Jänner 2020 konnte Archivdirektorin Dr.in Brigitte Rigele fast 80 ZuhörerInnen im vollen Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs begrüßen, die mit großem Interesse den Vortrag von Dr. Marcello La Speranza verfolgten, der über den „Luftschutz in Groß-Wien“ referierte.
Dr. La Speranza berichtete, dass man sich bereits ab 1934 in Österreich mit dem Thema „Gas- und Luftschutz“ beschäftigte, allerdings ohne allzu große Ambitionen. Ernstzunehmende Vorbereitungsarbeiten gab es erst ab 1939. So wurden für Fliegerangriffe vielfältige bauliche Veränderungen durchgeführt und Maßnahmen geplant, von denen heute noch viele Spuren und Relikte in Wien sichtbar sind. Diese will Dr. La Speranza sichern, weil es für sie keinen Denkmal- oder Ensembleschutz gibt. So hat er aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Wien 130 Notausstiege aus Wohnhäusern, 30 meist völlig desolate Luftschutzsirenen, eine große Zahl von Aufschriften und Orientierungstafeln an Hauswänden und in Kellern sowie Reste von Löschteichen und Splitterschutzdeckungsgräben entdeckt. Die zahlreichen Tiefbunker wurden meist zugeschüttet, Ausnahmen sind die Nutzung als Garage hinter dem Rathaus, als Lagerraum für das Volkskundemuseum und als vereinzelte Veranstaltungsräume.
Es gab zwei Phasen des Bunkerbaus, und zwar von 1939 bis 1941, bis man erkannte, dass die Decken nicht bombensicher waren, und ab 1941 vor allem in Bahnhöfen und Krankenhäusern.
Der Vortragende zeigte anhand einer Vielzahl von Fotos die Reste von Stollenanlagen, wobei er den oft beschriebenen und ebenfalls zugeschütteten Schirachbunker am Gallitzinberg auch als eine eher unspektakuläre Stollenanlage bezeichnete. Alle diese Bauten gehörten zu einem umfassenden Schutzprogramm des totalitären NS-Staates, weil „Groß Wien“ zum Luftschutzort 1. Ordnung deklariert wurde und mit vielen Anforderungen konfrontiert wurde, die im ausufernden Krieg zu stemmen waren.
Schließlich ging Dr. La Speranza auf die sechs, an alte Festungsbauwerke erinnernden Flaktürme ein, die im Gegensatz zu den zehn Flaktürmen in Berlin und Hamburg bestehen blieben. Bis auf zwei (Stiftskaserne und Esterhazypark – Haus des Meeres) sind sie in einem desolaten Zustand und werden nur teilweise als Lager benutzt. Bis 1945 wurden sie ohne allzu große Wirksamkeit für die Luftabwehr eingesetzt, aber auch für Wehrmachtsdienststellen und -betriebe sowie für den Zivilschutz genutzt.
Mit diesem Vortrag wurde der Themenschwerpunkt „Groß-Wien im Krieg“ des Wiener Stadt- und Landesarchivs abgeschlossen. Bis zum 20. Februar 2020 werden noch Originaldokumente im Ausstellungsfoyer gezeigt.
Bericht: Alfred Paleczny
Zur Person
Dr. Marcello La Speranza, Historiker und Archäologe, Kurator des Museums “Erinnern im Inneren” im Haus des Meeres. Forschungsprojekte zur neuzeitlichen Archäologie (Bunker / Luftschutz), Zeitgeschichte (Zweiter Weltkrieg / Nachkriegszeit) und zu historischen Festungsbauwerken.
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