Vortrag: Archäologisches Fundmaterial aus dem hochmittelalterlichen Wien. Keramik, Glas und Metall im Spannungsfeld von neuen Erkenntnissen, ungenutzten Möglichkeiten und simplifizierenden Fragestellungen
Veranstaltung des Wiener Stadt- und Landesarchivs zum Themenschwerpunkt "1221 - Erstes Wiener Stadtrecht" in Kooperation mit dem Verein für Geschichte der Stadt Wien
Vortragende: Mag.a Ingeborg Gaisbauer, Mag.a Sabine Jäger-Wersonig, Dr.in Kinga Tarcsay (alle Museen der Stadt Wien - Stadtarchäologie Wien)
Moderation: Dr. Christoph Sonnlechner, MAS
13. Oktober 2022, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Online-Raum
Die drei Referentinnen gliederten ihre Vorträge nach den Fundmaterialien Keramik (Mag.a Ingeborg Gaisbauer), Glas (Dr.in Kinga Tarcsay) und Metall (Mag.a Sabine Jäger-Wersonig).
In Hinblick auf Keramik und Glas wurde erörtert, inwiefern der Besitz einen Sozialindikator darstellt. Die Frage des „wie” und „wo” der Abfallentsorgung wurde ebenso angesprochen, wie die Auswertbarkeit der An- und vor allem Abwesenheit einzelner Fundtypen und Gattungsteile für soziale Fragestellungen.
Insbesondere Glasobjekte haben neben der praktischen auch eine repräsentative Funktion und sind damit ein sozialer Indikator für Wohlstand. Gläser waren für die wohlhabendsten Schichten der Gesellschaft gedacht.
Die Referentinnen diskutierten Vor- und Nachteile der Materialgattungen, Formen und Entwicklungen. Erörtert wurden Fundsituationen und die daraus resultierende Datierbarkeit sowie ihre Bedeutung. Im Falle von Glas wurde der Wert der Recyclierbarkeit hervorgehoben. Nur ein Bruchteil kam in den Boden. Die unterschätzte Bedeutung der Zersetzungsprozesse, zum Beispiel auch von Glas, wurde angesprochen. Schließlich thematisierte man noch die geringe Anzahl von hochmittelalterlichen Münzfunden in Wien.
Der geraffte Überblick über die drei Fundgattungen zeigte die Entwicklung und höchst unterschiedliche Präsenz und Erfassbarkeit von Fundmaterial vom frühen bis ins entwickelte Hochmittelalter zeigen. Erweiterte Auswertungsmöglichkeiten, wie die Bewertung des Erhaltungszustandes eines Fundes und das Arbeiten in Richtung einer veritablen „Objektbiographie” von der Herstellung, über die Entsorgung bis zur finalen Einlagerung in einem Befund, wurden vorgestellt. Dabei stellt die möglichst genaue Verortung im Befund nicht nur von Einzelstücken, sondern auch von Clustern ein wichtiges Mittel zur Interpretation der Befunde selbst dar – weit über den Anspruch der Datierung hinaus.
Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann auf unserem Youtube-Kanal angesehen werden: Vortrag: Archäologisches Fundmaterial aus dem hochmittelalterlichen Wien. Keramik, Glas und Metall im Spannungsfeld von neuen Erkenntnissen, ungenutzten Möglichkeiten und simplifizierenden Fragestellungen
Bericht und Fotos: Christoph Sonnlechner
Zur Person
Mag.a Ingeborg Gaisbauer, studierte Ur- und Frühgeschichte (Urgeschichte und Historische Archäologie) an der Universität Wien mit einem Schwerpunkt auf Mittelalterarchäologie. Sie arbeitet für die “Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Wien” vor allem in der Fundbearbeitung und Kulturvermittlung. Den Schwerpunkt ihrer Forschungsarbeit stellen Fragen zu Stadtanfang und Stadtentwicklung dar.
Mag.a Sabine Jäger-Wersonig, studierte Klassische Archäologie und Alte Geschichte mit einem Schwerpunkt in der Provinzialrömischen Archäologie. Sie arbeitet seit 2004 für die “Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Wien” als Grabungsleiterin und in der Fundbearbeitung. Ein weiterer Focus liegt auf der Erforschung der zivilen Siedlung von Vindobona und von Metallfunden aller Zeitstufen.
Dr.in Kinga Tarcsay, studierte Ur- und Frühgeschichte, mittelalterliche Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Wien und absolvierte zudem ein Kurzstudium Datentechnik an der TU Wien; Dissertationsstudium an der Universität Wien. Sie ist ehemalige freie Mitarbeiterin am Bundesdenkmalamt sowie an der Universität Wien, zahlreiche Forschungsprojekte und Lehraufträge (Universität Wien und Innsbruck); Mitarbeiterin der “Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Wien”. Schwerpunkte: Glas, Mittelalter- und Neuzeitarchäologie.
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