Vortrag: Die Awaren in Wien!? Auf der Spurensuche nach einem verschwundenen „Volk“ im heutigen Wien
Vortragende: Dr. Salvatore Liccardo, Dr. Bendeguz Tobias (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Frühmittelalterforschung)
Moderation: Paul Mitchell, BA
21. November 2024, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Gasometer D, 11., Guglgasse 14 (4. Archivgeschoß; Zugang über Gasometer A und die Mall) sowie Online-Raum
Teilnehmer: max. 80 Präsenz (Anmeldung) | 100 Online (keine Anmeldung) , Voranmeldung bis spätestens 21.11.2024 über das Anmeldeformular auf unserer Website. Sie erhalten eine Bestätigung per E-Mail.
Nach dem Ende der römischen Herrschaft im Bereich des heutigen südlichen Wiener Beckens am Anfang des 5. Jahrhunderts n. Chr., erlebte dieser Raum eine wechselvolle Geschichte. Die schriftlichen Quellen berichten von Goten, Hunnen, Gepiden, Skiren, Herulern, Rugiern und Langobarden, die sich im 5. und 6. Jahrhundert n. Chr. zumindest zeitweise hier niedergelassen haben. Während die Langobarden in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts nach Italien abzogen, errichteten die Awaren im Karpatenbecken aus den ostasiatischen Steppengebieten kommend ihr Herrschaftsreich. Von hier aus führten sie zahlreiche Kriegszüge in den Balkanraum durch und standen 626 vor den Toren Konstantinopels. Nach der gescheiterten Belagerung endete ihre expansive Politik weitgehend, dementsprechend verstummen auch die Nachrichten über sie. Erst mit den Kriegszügen Karl des Großen am Anfang des 9. Jahrhunderts n. Chr. gelangen sie wieder in das Blickfeld, nun aber in jenes von Historikern aus dem Westen. Letztlich bedeuteten die Kriegszüge Karls ihr Ende. Im Gegensatz zu den Langobarden in Italien und den im 10. Jahrhundert sich im Karpatenbecken ansiedelnden frühen Ungarn ist von den Awaren nur ihr Name in den schriftlichen Quellen erhalten geblieben.
Umso wichtiger sind die Zeugnisse dieser Zeit, die durch langjährige archäologische Forschungen vor allem im Bereich des Wiener Stadtgebietes aufgedeckt wurden. Eines der größten frühmittelalterlichen Gräberfelder Österreichs wurde vor mehr als vierzig Jahren im 11. Bezirk, Csokorgasse, ausgegraben, viele andere kleinere Gräberfelder sind verstreut über das Stadtgebiet entdeckt worden. Während in Westeuropa mit der Ausbreitung des Christentums die Beigabensitte weitgehend aufgegeben wurde, praktizierte man sie im Karpatenbecken weiter. So geben uns die Waffen, Alltagsgegenstände aber auch Überreste von Speisebeigaben einen Einblick in die damalige Alltagskultur. Für die Forschung helfen uns heute modernste Methoden, wie die Genetik, um Herkunft, soziale Aspekte und Beziehungen darzustellen und sichtbar zu machen.
Der Vortrag gibt die Gelegenheit das derzeit in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften laufende ERC-Synergy Grant Projekt HistoGenes im Rahmen näher zu bringen.
Online-Raum
Online-Raum
Meeting-ID: 893 4523 8631
Kenncode: 329484
Zur Person
Salvatore Liccardo, Ph.D. (2019), Universität Wien, ist Postdoktorand und Teammitglied des ERC Synergy Grant Projekts HistoGenes. Seine Forschung umfasst Prozesse der Identitätsbildung, Migrationsgeschichte, ethnische Terminologie und geografisches Wissen in spätantiken und frühmittelalterlichen Quellen.
Mag. Dr. Bendeguz Tobias, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Frühmittelalterforschung ist, wissenschaftlicher Mitarbeiter des ERC Synergy Grant Projekts HistoGenes. Seine Kernforschungsbereiche umfassen die Archäologie des frühmittelalterlichen Zentraleuropas, Mittelmeerraums und der asiatischen Steppengebiete.
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